Die EU-Kommission nimmt die Untersuchung der Dumping-Vorwürfe gegen chinesische Modulanbieter auf. Das teilte Handelskommissar Karel de Gucht am 6. September in Brüssel mit. Die Kommission reagiert damit auf eine Eingabe der EU Pro Sun-Initiative vom Ende Juli. Neben der Bonner SolarWorld AG hatten über 20 weitere europäische PV-Hersteller die Kommission zu Maßnahmen aufgefordert, die den fairen Wettbewerb wiederherstellen sollten. Die Preise für Solarstrommodule aus China lägen weit unter den Herstellungskosten, so ihr Vorwurf.
Die Beschwerde hat der Kommission zufolge genügend Hinweise darauf geliefert, dass die chinesischen Hersteller möglicherweise zu Dumpingpreisen in die Union liefern und damit die europäische Industrie schädigen. Nun werden in Brüssel Exportzahlen, Produktion, Verkäufe und Importe von PV-Modulen sowie von deren Komponenten genau unter die Lupe genommen. Exporteure, EU-Produzenten, Importeure und Verbände erhalten entsprechende Fragebögen. Auf der Basis ihrer Antworten und des Vergleichs mit anderen Märkten soll in 15 Monaten bestimmt werden, ob die chinesischen Modullieferanten tatsächlich zu Dumpingpreisen angeboten haben, und ob die Schäden für die europäische Industrie tatsächlich aus diesen Importen rührten. Ist das der Fall, gibt es entsprechende Strafzölle auf chinesische Module.
Die Kommission winkt unterdessen mit der Möglichkeit, bereits nach 9 Monaten vorläufige Strafzölle festzulegen, falls es deutliche Hinweise auf Dumping und dadurch verursachte Schäden bei europäischen Herstellern gibt. Zu diesem Zeitpunkt – im Juni 2013 – kann die Untersuchung aber auch schon ergebnislos eingestellt werden. Die Kommission betont, es handele sich vom Umsatzvolumen her um die relevanteste Beschwerde, der sie jemals nachgegangen sei. China habe 2011 Module und Komponenten im Umfang von 21 Mrd. € in die EU eingeführt.
Beim chinesischen Wettbewerb von Yingli über Suntech bis Trina stößt die Klage auf einhellige Kritik. Der jüngst gebildete Verband für Erschwingliche Solarenenergie (englisch: Alliance fror Affordable Solar Energy – AFASE) warnte, der Handelstreit bedrohe Tausende von Jobs in der Europäischen Solarindustrie. Zu einer Zeit, in der europäische Regierungen ihre Solarenergieförderungen zurückführten, würden Handelsbeschränkungen nur die Kosten nach oben trieben und die Wettbewerbsfähigkeit der Solarenergie möglicherweise irreparabel beschädigen, sagte Thorsten Preugschas, CEO der Soventix GmbH, ein PV-Entwickler, EPC Contractor und Betreiber aus Duisburg, der sich AFASE angeschlossen hat. Die Allianz beruft sich zudem auf eine prominente Unterstützerin: Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte bei ihrem jüngsten Besuch in Peking eine Verhandlungslösung anstelle des Anti-Dumping-Verfahrens gefordert. Als Unterstützer wird in einer AFASE-Stellungnahme zudem Giulio Arletti, der CEO der italienischen Conergia, zitiert. Insgesamt repräsentiert die AFASE nach eigenen Angaben 90 Mitglieder und einen Jahresumsatz von 7,5 Mrd. €.
Als „tolle Entscheidung der Kommission“ begrüßte dagegen Milan Nitzschke, der Präsident von EU Pro Sun, den Verfahrensbeginn. Er bestritt, dass Kanzlerin Merkel d’accord mit der Gegenseite sei. Einen Tag nach ihren umstrittenen Äußerungen zum Antidumping-Verfahren habe die Kanzlerin in China darauf hingewiesen, dass man die Wettbewerbsverzerrung beenden und eine Lösung in dem Konflikt finden müsse. Dazu gehöre auch nach Ansicht der Kanzlerin, dass die Chinesen ihre Produktionskosten offenlegten. Aber auch wenn Angela Merkel dies nur außerhalb eines Antidumping-Verfahrens anstrebe, könne sie auf die derzeitigen Prozesse in Brüssel nicht einwirken. „Erst wenn nach Abschluss des Verfahrens endgültig Strafzölle festgelegt sein sollten, könnten die Mitgliedsländer diese mit einer Mehrheitsentscheidung aufhalten“, erläutert Nitzschke.
In der ersten Runde des Verfahrens seien nun Verbände und Unternehmen gefordert, Stellungnahmen abzugeben und Vorschläge zum Verfahren zu machen, u.a. dazu wie die Firmenpools auf europäischer und chinesischer Seite aussehen sollen, um die Vergleichszahlen zu ermitteln. Alle Unternehmen der Branche, die an der Stichprobe teilnehmen wollen, müssen sich innerhalb von 15 Tagen nach Verfahrensbeginn melden. Das könne sie auch, wenn sie nicht angeschrieben wurden. Zeit zur Kommentierung der Auswahl für Verbände ist noch bis zum Tag 21 nach der Untersuchungseröffnung. Ausgenommen sind jedoch die Verbände von Herstellern und Importeuren, für die auch die 15 Tage-Frist gilt.